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Toronto Raptors vor der Trade Deadline: Fällt der erste Dominostein in Kanada aus?
- By Us-Sport
- Updated: 7. Januar 2023
Die Toronto Raptors trennen nach knapp der Hälfte der regulären Saison 4,5 Spiele von einem Playoff-Platz im Osten. Die Saison steht zu Beginn einer Serie mit sechs Heimspielen an einem Scheidepunkt. Im Vorjahr gelang die Wende zum Positiven. Interessant ist die Situation vor allem auch deshalb, weil das Handeln der Kanadier vor der Trade Deadline ein erster Dominostein für die gesamte Liga sein könnte.
Auf den ersten Blick scheint die Situation vergleichbar mit der vor runden Jahr: 2021 eröffneten die Raptors mit sechs Siegen in Serie und schafften es dadurch, einer holprigen und auch von Erkenntnissen geprägten Spielzeit eine positive Wende zu erleben. Plötzlich stand eine positive Bilanz zu Buche, es folgten weitere Runs von 8-0 vor und 13-4 nach der All-Star-Pause und am Ende der Regular Season waren die Kanadier sogar auf Platz 6 im Osten.
Toronto Raptors: Mittelmaß und kein Ende in Sicht?
Dieses positive Ende der Saison, auch wenn das Aus bereits in der ersten Playoffrunde in sechs Spielen gegen die Sixers folgte, könnte einer der Gründe gewesen sein, dass die Raptors jetzt einem da stehen, wo sie stehen – im Mittelmaß und an Scheideweg, was sterben Ausrichtung der Franchise in den kommenden Jahren angeht. Denn die Erwartungen, welche die Verantwortlichen an den Kader hatten, waren sicherlich andere, als die Leistungen auf dem Feld widerspiegeln.
Auch wir bei SPOX waren hinsichtlich des von den Buchmachern angegebenen Over/Under von 46,5 Siegen positiv und gegangen Over (Zitat: „Mal wieder spricht jemand über Toronto – ein Fehler. Die Raptors sind eingespielt, haben junge Spieler mit Potenzial (Barnes, Trent, Anunoby ) und zwei All-Star-Kaliber (FVV, Siakam).“). Um den Wert von 47 Spielen tatsächlich noch zu erreichen, müssten in den 44 Spielen 31 Siege her. Daran ist nur schwer zu glauben.
Die Niederlage gegen die Milwaukee Bucks am Mittwoch läutete eine Serie von sechs Parteien in der Scotiabank Arena ein, nach der Verantwortliche, Spieler und Fans einen klareren Blick haben sollten, was in der aktuellen Saison aus sportlicher Sicht noch drin ist – zumal kein Gegner aus dem Oberstes Regal dabei ist (2x Hornets, Knicks, Hawks, Blazers). Einige Siege sind da Pflicht, ehe der Spielplan wieder schwieriger wird. Im Vergleich zum Januar des vergangenen Jahres ist die Bilanz etwas schlechter, die Saison etwas weiter fortgeschritten – und der Druck auf die Entscheider deutlich höher.
Offensiv-Rating Platz 17 (112,3), Defensiv-Rating Platz 13 (112,4), Netto-Rating Platz 16 – Werte, die absoluten Mittelmaße symbolisieren und wenig Anlass geben, dass sich daran etwas ändern könnte. Franchise-Spieler Pascal Siakam, der Career-Highs bei Punkten (25,9) und Assists (6,6) bei allerdings nur durchwachsener Effizienz auflegt, kommen die Geschehnisse bekannt vor: „In jedem Spiel fühlt es sich so an, als hätten wir eine gute Gelegenheit, die Wende zu schaffen – eine hervorragende sogar.“ Gleichzeitig deutet Siakams Gedankengang auch an, dass dies den Raptors nur unzureichend gelingt.
Einen Lauf von drei Siegen in Folge gab es in dieser Saison noch gar nicht, in den vergangenen 13 Partien erzielten nur Erfolge in New York und Cleveland sowie gegen dezimierte Sonnen. Nach einer Niederlage gegen Memphis platzte dem bevorzugt besonnenen Head Coach Nick Nurse der Kragen, auf der Pressekonferenz holte er zum Rundumschlag gegen sein Team aus und bemängelte Basiseigenschaften, die jeder Spieler und insbesondere ein Spieler sollte der physisch doch eigentlich so unangenehmen Raptors mitbringen.
Raptors: „Schlechter kann es nicht werden“
„Inakzeptabel“ sei der Einsatz gewesen, den seine Männer beim 106:119 gezeigt hätten, bei dem sich strauchelnde Grizzlies selbstvertrauen holten, die Zone dominierten (70:50 Punkte) und sich neben Nurse auch ein frustrierter Siakam ein technisches Foul abholte. „Wir müssen uns fokussieren und darüber ernsthaft nachdenken, härter zu spielen. Schlechter kann es nicht werden.“ Nach eigenen Freiwürfen hätte der Gegner mit einem simplen Pass auf der anderen Seite punkten können – Plays, die laut Nurse „vielleicht einmal in sieben Jahren vorkommen dürfen“.
„Blow it up Territory“ namens Kevin O’Connor (Der Klingelton) im Dezember die Situation, in der sich Toronto befindet. Als Indikatoren gab er den geringen Abstand zum Bodensatz der Liga (nur fünf Teams sind derzeit schlechter) an, die Aussichtslosigkeit einer Jagd nach Playoff-Erfolg sowie die Tatsache, dass es Veteranen gibt, mit denen sich auf dem Trademarkt ein lukrativer Gegenwert erzielen lassen könnte . Daran hat sich nichts geändert. Dies muss laut O’Connor nichts Schlechtes sein, Schwerwiegendes steht ein Gerüst mit talentierten Spielern zur Verfügung, mit dem sich ein radikaler Umbruch nach dem Vorbild der Sixers verhindern ließe – Retooling statt Rebuilding also.
Ein erster Termin, der für ein solches Retooling bedeutend sein könnte, wäre der 9. Februar – die Trade Deadline. Dann wird sich zeigen, inwiefern Raptors-Präsident Masai Ujiri und General Manager Bobby Webster dem aktuellen Kader und der eingeschlagenen Richtung vertrauen. „Es geht nur darum, hier eine Meisterschaft zu gewinnen. Niemand interessiert, was 2019 war. Es geht nicht um das Play-In oder die Playoffs. Was soll das bringen? Dafür müssen wir uns in eine bestmögliche Position bringen“, stellte Ujiri fest vor einem Jahr bei Yahoo Sports Kanada klar. Untermauert er diese Worte, könnte in den kommenden Wochen tatsächlich Bewegung in den Roster kommen.
Wie Sportsnet.ca erfahren haben will, wartet auch der Rest der Liga sehnlichst darauf zu erfahren, was sich im hohen Norden tut. Eine Quelle aus dem Umfeld der Raptors wird wie folgt zitiert: „In Toronto fällt der erste Dominostein. Was dort passiert, wird Teams in der ganzen Liga beeinflussen: Dallas, Phoenix, Toronto, Los Angeles, Atlanta – es geht nicht um Deals mit einem bestimmtes Team, aber die Leute warten ab, was die Raptors machen, bevor sie aktiv werden.“ Problem: Es zeichnet sich derzeit überhaupt keine Tendenz ab, was die Entscheider in Toronto beabsichtigt. Als „sehr nebulös“ wird die Lage dargestellt.
Raptors: Was wird aus VanVleet, Siakam und Trent Jr.?
Insbesondere das Szenario „Einfach weiter so“ scheint wenig Aussicht auf Erfolg zu haben. Kämpfen sich die Raptors, sterben dagegen vom 2024er-Zweitrundenpick immerhin über ihr komplettes Draftkapital verfügen, irgendwie ins Play-In-Turnier, um dann womöglich ein Spiel später doch in eine frühe Sommerpause zu gehen, werden sie nicht vorne dabei sein, wenn in einer der wohl stärkeren Draft-Klassen der letzten Jahre die besten Spieler verteilt werden.
Und der eigene Kader? Dort finden sich mit Fred VanVleet (Spieleroption über 22,8 Mio.) und Gary Trent Jr. (Spieleroption über 18,8 Mio.) zwei Spieler, die ihr Schicksal für die kommende Saison in der eigenen Hand haben und sicher vor der Trade Deadline Interesse auf sich ziehen werden. Trent, der in 21 seiner 31 Fälle startete, konnte seine starke Vorsaison mit gut 18 Punkten bestätigen, lediglich der Dreier fällt mit knapp 36 Prozent etwas schäwcher. VanVleet (18,5 Punkte, 6,2 Rebounds, aber nur 32,4 Prozent Dreier) hat seinen Wert neben der sportlichen Komponente auch als Emotional Leader, der vorangeht. Ungedraftet erkämpfte er sich 2016 einen Vertrag in Toronto und hat bisher für kein anderes Team gespielt.
Kombiniert mit einer Zeit sportlichen Misserfolges könnte ein Trade des Publikumslieblings die Fans verstimmen. Wirkt der Kader auf den ersten Blick recht homogen zusammengestellt – ein aufstrebender Star in seiner Prime (Pascal Siakam, 29 Jahre alt), ein hoffnungsvolles Talent (Scottie Barnes), von dem man sich in seinem zweiten Jahr allerdings mehr erwartet hatte, ein variabler Flügelspieler (OG Anunoby) – Scheint es derzeit so, als würde das nicht reichen, um in einem tiefen Osten irgendetwas zu bewegen. Warum also nicht Siakam für einen extrem hohen Gegenwert abgeben, um nicht dessen Prime in einem Durchschnittsteam zu verschwenden?
Fragen nach der erwarteten Zukunft von VanVleet und Trent Jr., der Rolle von Siakam im Team, das irgendwie nicht funktioniert, oder auch der von Nurse, der im Herbst in seinem letzten Vertragsjahr geht, werden in den kommenden Wochen sicherlich intern gründlich diskutiert. Bei fast allen Leistungsträgern und mehreren Rotationsspielern läuft der Vertrag seit 2024 aus (Ausnahme Barnes), sodass Flexibilität, aber auch Ungewissheit besteht. Ist ein Vertrag für VanVleet (bald 29) im fünfstelligen Millionenbereich das angestrebte Ziel?
Die klaren Worte von Nurse, welche dieser nach interner Absprache wohl bewusst an seine Spieler gerichtet sind, sollten ein letztes Zeichen sein, welche Stunde in Toronto geschlagen hat. Reagiert das Team positiv und schafft wie im Vorjahr zumindest einen kleinen Aufschwung? Oder verpufft der Klartext des Coaches, der in Otto Porter. Jr. seit Mitte November einen ganz bestimmten Neuzugang aufgrund einer rätselhaften Zehenverletzung vermisst, der für Stabilität sorgen könnte? Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich sterben Franchise bewegt – bis Anfang Februar sollten zumindest einige Fragezeichen verschwunden sein.