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Boston Celtics schwächeln vor Start der Playoffs: Langeweile oder steckt da mehr dahinter?

Nach einem furiosen Saisonstart haben die Boston Celtics merklich nachgelassen. Der Top-Seed scheint futsch und auch Jayson Tatum schwächelte zuletzt. Muss man sich Sorgen um die Celtics machen?

Es ist nicht lange her, da sahen die Celtics wie der Top-Favorit auf den Titel aus. In den ersten Saisonmonaten zerpflückten die Kelten die Konkurrenz, feuerten aus allen Rohren und führten die mehr als deutlich an. Mitte Januar hatten die Celtics mit einer Bilanz von 35-12 noch 5,5 Spiele Vorsprung auf die Milwaukee Bucks, seither wurden von 22 Spielen nur noch zehn gewonnen.

Und der Trend zeigte nach dem All-Star Break auch nicht nach oben. Von zehn Partien wurden nur fünf gewonnen, entscheidend war aber vor allem das „Wie“. Gegen Brooklyn wurde eine 28-Punkte-Führung verspielt, auch gegen New York und Cleveland reichte ein zweistelliger Vorsprung im Schlussabschnitt nicht. Der „Höhepunkt“ war aber die Nacht auf Dienstag, als Boston bei den Houston Rockets unterlag, die seit Anfang Februar kein Team mehr geschlagen hatte, das nicht von Gregg Popovich trainiert wird.

Nun kann natürlich argumentiert werden, dass Boston seine Kräfte für die Postseason spart und die Regular Season den letztjährigen Finalisten etwas langweilt, aber die Vergangenheit hat auch bei anderen Teams gezeigt, dass sich der Schalter oft nicht einfach so umlegen lässt. Es ist kein Zufall, dass im vergangenen Jahr drei der heißesten Teams nach der Trade Deadline (Golden State, Boston, Dallas) die Conference Finals erreichten.

Die Celtics hatten damals in den tiefsten 22 Partien ein unfassbares Net-Rating von +12,7, es war ein Vorgeschmack auf die Postseason, auch wenn Boston in gleich zwei Serien über die volle Distanz ging. In diesem Kalenderjahr belegen die Celtics allerdings nur Platz acht im Netto-Rating (+3,7) laut Cleaning the Glass, allein im Osten sind in diesem Zeitraum vier Teams besser. Was ist auch mit der Sieg-Maschine in den vergangenen Monaten passiert?

Boston Celtics: Zu abhängig vom Dreier

Auch in den Playoffs im Vorjahr war es ein Thema: Die Celtics sind ein Team, das viel von draußen abdrückt und entsprechend davon abhängig ist. 47,6 Prozent aller Versuche sind Dreier, nur bei Dallas und Golden State ist die Wahrscheinlichkeit höher. Zum Start waren die Celtics noch brandheiß, stellten eine historisch gute Offense dar, inzwischen sind sie in dieser Kategorie zwar weiter gut, aber nicht mehr der Überflieger der ersten Wochen.

Zwar treffen gleich fünf Rotationsspieler weiter über 37 Prozent, allerdings sind Jayson Tatum (35,2 Prozent) und Jaylen Brown (33,3 Prozent) deutlich abgesackt. Beide Stars nehmen jedoch die meisten Versuche von draußen. Gerade bei Tatum ist die Regression spürbar, der 24-Jährige verlebt seit dem All-Star Break mal wieder eine kleine Kältezeit (nur 44 Prozent FG), wie wir es schon einige Male in seiner Karriere gesehen haben.

Trotzdem ist festzustellen, dass Bostons Offense hin und wieder in alte Muster verfällt. Das stetige Drive-and-Kick-Spiel gibt es schnell nie über das komplette Spiel, stattdessen gibt es vermehrt Ballbesitze, in denen kaum etwas passiert. Das Mahnte Coach Joe Mazzulla bereits direkt nach dem All-Star Break an.

Selbst für ihn waren es zu viele Dreier und vor allem zu wenig Bewegung des Balles und der Spieler. „Wir kämpfen zu wenig für unser Spacing“, mahnte Mazzulla an, der darauf verwies, dass die Offense nach dem ersten Set oft nicht kreativ genug sei. „Es ist eine Kombination aus Spacing, der ersten Offense, der Offense zum Ende der Shotclock sowie den richtigen Reads“, analysierte der Rookie-Coach weiter.

Letztlich sind die Celtics aber genau so konstruiert. Mit Ausnahme von Rob Williams nehmen alle Rotationsspieler gerne den Dreier, während die beiden All-Stars sowie die Guards durch Penetrationslöcher reißen sollen. Gerade Tatum hat als Playmaker Fortschritte gemacht, allerdings unterliegt sein Schießen weiter großen Schwankungen, wovon Boston in dieser Zusammenstellung aber abhängig IST.

Natürlich war Tatum in der MVP-Debatte, natürlich ist er einer der besten Spieler der Liga, doch im Vergleich zu den Besten fehlt der Besten als Go-to-Guy manchmal das letzte Quäntchen. Hier lohnt sich ein Blick auf die ISO-Stats, die für Tatum nicht die Besten sind, auch wenn überraschenderweise ein Giannis Antetokounmpo sogar noch ineffizienter ist.

Die ISO-Statistik einiger Sterne

SpielerBesitztümerPunkte pro Spiel
James Harden6,21,16
Lukas Doncic7,31,13
Joel Embiid6,50,99
Kevin Durant5,41,02
Kawhi Leonard3,81,09
Jayson Tatum4,70,94
Jimmy Butler3,11,01
Lebron James4,20,81
Giannis Antetokounmpo4,20,85

Boston Celtics: Die Defense muss es richten

Was Tatum dort abgibt, kann er aber zumindest defensiv wieder ausgleichen. Bostons Defense ist auf dem Papier wie gemacht für einen langen Postseason-Run, nur zeigten die Celtics es in dieser Saison bisweilen zu selten. Auch hier darf die Frage gestellt werden, ob dies mit der Eintönigkeit der Saison zu tun hat. Gleichzeitig wird man das Gefühl nicht los, dass zum Beispiel ein Marcus Smart nicht mehr auf dem elitären Level des Vorjahres agiert.

Ähnliches lässt sich bei Robert Williams beobachten, der als „Roamer“ im Vorjahr so ​​etwas wie der ultimative Cheat Code der Celtics-Defense war. Der Center ist nach seiner Knieverletzung, aber weiterhin nicht der Alten, derzeit fehlt „Time Lord“ erneut mit einer Oberschenkelverletzung. Das bringt mehr Last für Al Horford mit sich, der mit bald 37 Jahren auch eher in Watte gepackt werden sollte.

Und doch steht Boston nach einem schwachen Start immerhin wieder auf Rang vier im Defensiv-Rating. Im Gegensatz zu den ersten Monaten gewinnt Boston vor allem dank der Defense seiner Spiele, das sollte auch das Rezept für die Postseason sein. Switch-Defense wird eine Bedeutung gewinnen, das bleibt die Spezialdisziplin.

Smart, Derrick White und Malcolm Brogdon am Perimeter, dazu Williams (plus Grant) und Horford am Ring sowie Tatum als exzellenter Flügelverteidiger. Wenige Teams können solch gutes Personal aufbieten, gleichzeitig können aber auch nur fünf dieser Akteure zeitgleich auf dem Feld stehen.

Boston Celtics: Wird das Coaching ein Problem?

Das ist ein Luxusproblem und richtet den Fokus gen Mazzulla, der nach endlosen (und berechtigten) Lobpreisungen zu Beginn der Saison in Boston etwas in die Kritik geraten ist. Mal ist es sein Geiz im Hinblick auf Auszeiten, mal sind es grundsätzliche Personalentscheidungen. Umstritten ist vor allem die Rolle von White, der seit Wochen in herausragender Form ist. Trotzdem musste der Ex-Spurs-Guard einige Male am Ende von Spielen zuschauen.

Nach der Niederlage gegen die Knicks gab Mazzulla dies auch unumwunden. „Da habe ich mich wahrscheinlich vercoacht“, meinte der 34-Jährige. In den following Spielen korrigierte er das, dennoch kann sowas gerade in den Playoffs schwerwiegende Folgen haben. Umstritten war zuletzt in Houston auch, warum nicht der heiße Brown den letzten Wurf bekam, vergab Tatum einen machbaren Leger zur Verlängerung.

Zwar haben die Celtics das Label „Interim“ inzwischen gestrichen, dennoch bleiben Fragezeichen hinter dem Coach. Womöglich ist er sogar das Größte bei den Celtics. Nach nur drei Jahren als Assistant Coach in der NBA wurde Mazzulla nach der Suspendierung von Ime Udoka ins kalte Wasser geschmissen, obwohl er davor nicht einmal zu den Top-Assistants gehörte. Weil aber Will Hardy den Job in Utah annahm, war plötzlich eine Chance da und Mazzulla griff sie beim Schopfe.

Dass gleichzeitig mit Damon Stoudamire nach dem weiteren Spiel gegen Houston (Coach ab sofort Georgia Tech) ein erfahrener Coach die Bank der Celtics verlassen hat, ist ein weiterer Dämpfer und etwas, was nicht kurzfristig behoben werden kann.

Bei der großen im Kader mag das Lappalien sein, aber die Spitze im Osten ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Die Milwaukee Bucks, die Boston ohne Khris Middleton im Vorjahr noch in sieben Spielen niederrang, haben mit famosen Lauf mittlerweile deutlich die Tabellenführung inne und sich damit einen Heimvorteil bei Rematch sichern.

Gleichzeitig lauern hinter Boston auch noch die Sixers, die ihrerseits fünf Spiele am Stück gewonnen haben. Es wäre also wahrscheinlich an der Zeit, wieder die Form der ersten Wochen zu finden, ansonsten könnte eine so grandios gestartete Spielzeit in einer weiteren Enttäuschung enden. Die Vibes rund um die Celtics waren auf jeden Fall schon einmal besser.

NBA: So sieht es an der Spitze der Eastern Conference aus

KlingelteTeamBilanzRückstand
1Milwaukee Bucks50-19
2Boston Celtics47-223
3Philadelphia 76ers45-224
4Cleveland Cavaliers44-277
5New York Knicks41-3010
6Brooklyn-Netze39-3011

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